Notausgang oder Panikausgang: Welche Tür ist die richtige Wahl?
Fluchtwegtüren sind ein zentrales Element der Gebäudesicherheit. Sie entscheiden im Ernstfall darüber, ob Menschen ein Gebäude schnell, sicher und ohne Hindernisse verlassen können. Dabei ist jedoch nicht jede Fluchttür gleich. Je nach Nutzung, Personenzahl und Risikoszenario unterscheidet man zwischen Notausgangstüren nach EN 179 und Panikausgangstüren nach EN 1125. Beide Kategorien verfolgen dasselbe Schutzziel «Leben zu retten», unterscheiden sich aber in der Art der Bedienung und den normativen Anforderungen.
Notausgangstüren (EN 179): Für geschulte Nutzer und kleine Belegungen
Notausgangstüren sind für Situationen vorgesehen, in denen die Nutzer ortskundig sind und bewusst handeln können. Typische Beispiele sind Wohngebäude, kleine Arbeitsräume oder Bereiche mit geringer Belegung.
Die Tür wird gezielt über einen Türdrücker (Typ A) oder eine Stossplatte (Typ B) betätigt und muss sich mit einer einzigen Handbewegung lösen lassen. Die Norm EN 179 definiert dabei klare Grenzen für die notwendige Kraft:
- ≤ 70 N bei Drückerbetätigung
- ≤ 150 N bei Stossplatten
Diese geringe Freigabekraft stellt sicher, dass die Tür auch unter Stress oder körperlicher Beeinträchtigung ohne grossen Aufwand geöffnet werden kann.
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In der Schweiz gelten ergänzend die VKF-Grundsätze: Grundsätzlich müssen Türen in Fluchtrichtung öffnen. Es gibt jedoch Ausnahmen, zum Beispiel bei Wohnungstüren, Hauseingängen mit maximal zehn Wohneinheiten oder bei Räumen mit bis zu 20 Personen, wo eine lichte Breite von 0,80 m zulässig ist. In engen Grenzen sind sogar Schiebetüren möglich, etwa in Räumen mit maximal sechs Personen.
Panikausgangstüren (EN 1125): Sicherheit für den Publikumsverkehr
Wo viele Menschen gleichzeitig unterwegs sind und Paniksituationen nicht ausgeschlossen werden können, reicht eine Notausgangstür nicht aus. Hier schreibt die Norm EN 1125 Panikausgangstüren vor. Sie sind mit einer horizontalen Griff- oder Druckstange ausgestattet, die auch unbewusst – etwa durch Körperdruck in einem Gedränge – den Verschluss auslöst. So öffnen sich die Türen zuverlässig und immer in Fluchtrichtung, selbst wenn eine Menschenmenge drängt.
Die Norm gibt auch hier klare Vorgaben für die Bedienkräfte:
- ≤ 80 N ohne Vorlast
- ≤ 220 N, wenn der Türflügel bereits mit einer Vorlast von 1000 N belastet ist
Damit wird sichergestellt, dass Paniktüren auch unter extremen Bedingungen zuverlässig funktionieren. Zusätzlich regelt EN 1125 den Überstand (W) der Betätigungsstange:
- Klasse 1: bis 150 mm
- Klasse 2: bis 100 mm
In der Praxis sollte bei der Planung auf Details geachtet werden. Besonders bei zweiflügeligen Türen ist es nicht immer sofort erkennbar, welcher Flügel der gehende ist. Eine klare visuelle Kennzeichnung erleichtert die Orientierung im Ernstfall. Auch gilt es, mögliche Verletzungsgefahren durch weit hervorstehende Stangen zu berücksichtigen – hier bietet die Wahl der passenden Beschlagklasse mehr Sicherheit.
Planung mit Augenmass
Die Entscheidung, ob eine Notausgangstür nach EN 179 oder eine Panikausgangstür nach EN 1125 erforderlich ist, hängt stark vom Nutzungstyp des Gebäudes ab:
- Notausgangstüren sind ideal für den Wohnbau und für kleinere Räume mit ortskundigen Nutzern.
- Panikausgangstüren sind unverzichtbar, wo Publikumsverkehr herrscht oder Panik wahrscheinlich ist, also in Schulen, Kinos, Aulen, Laboren, Produktionsbereichen oder Veranstaltungsgebäuden.
In beiden Fällen gilt: Die Türen müssen nicht nur normgerecht geplant und gebaut, sondern auch fachgerecht montiert und instandgehalten werden. Denn nur so erfüllen sie ihr Schutzziel – Menschen im Ernstfall einen sicheren Weg ins Freie zu ermöglichen.
Wir sind für Sie da!
